"Wer rastet, der rostet". Dem kann man entgegnen "Eile mit Weile". Nach der
sportlichen Betätigung auf dem Fahrrad benötigt der Körper Ruhepausen, ob zum
Essen und Trinken oder einfach nur zum Ausspannen. Damit diese genossen werden
können, brauchen Radwanderer attraktive Möglichkeiten
zum Pausieren.
Leider sind attraktive Rastmöglichkeiten an vielen Radfernwegen und Regionalrouten noch Mangelware
(wenn sie denn überhaupt vorhanden sind). Viele Verantwortliche im Tourismus verschenken diese
recht einfache Möglichkeit, die Attraktivität ihrer Radrouten zu steigern, leider immer noch.
Dabei ist es gerade hier möglich, Radrouten individuell zu gestalten und sich dadurch von der
Konkurrenz in anderen Regionen abzuheben.
In diesem Artikel geht es nur um "personallose" Rastmöglichkeiten. Natürlich benötigt eine
attraktive Radwanderroute zusätzlich in Routennähe auch genügend Einkehrmöglichkeiten wie Biergärten und
Ausflugsgaststätten.
Anforderungen an einen funktionalen Rastplatz
-
Lage & Standort - An Radrouten sollte es laut [1] mindestens alle 10 km einen Rastplatz geben.
Bei stark frequentierten Routen ist dieser Abstand allerdings viel zu groß. Hier benötigt
man etwa alle 5 km einen Rastplatz, sofern es unterwegs keine anderen Sitzmöglichkeiten, wie z. B. auf dem
Dorfplatz gibt. An besonders attraktiven, vorbildlichen Bahntrassenradwegen ist der Abstand
punktuell sogar noch kleiner. Bei längeren Passagen außerorts sollte man darauf achten, dass alle 5 km ein
Rastplatz mit zumindest kleiner Unterstellmöglichkeit als Regenschutz errichtet wird (z. B. Aufstellung
einer überdachten Sitzgruppe). Der Standort sollte von der Strecke aus
gut einsehbar sein. Damit ist eine gute soziale Kontrolle gewährleistet und es entstehen
keine Angsträume. Natürlich muss der Platz vom Radweg barrierefrei (ohne Stufen) erreichbar sein.
Wichtig ist auch eine schöne, ansprechende Gestaltung des Platzes. Schnöde, ungepflegte
und trostlose Rastplätze laden nicht zum Verweilen ein.
Ein gerne gemachter Fehler, der die Verkehrssicherheit unnötig beeinträchtigt: Besonders
Einzelbänke, teilweise aber auch Sitzgruppen werden bei beengten Platzverhältnissen
zu nah an die Route gestellt. Häufige Folge, wenn keine Anlehnbügel vorhanden sind: Die Fahrräder der
Nutzer stehen dann teilweise auf dem Weg und gefährden andere. Ein weiterer Gefahrenpunkt ist, dass Rastende
unter Umständen sofort auf die Fahrbahn treten müssen, sobald sie die Bank verlassen.
So pausiert es sich nicht entspannt, wenn man quasi fast direkt auf dem Weg hockt. An Örtlichkeiten
mit beengten Platzverhältnissen also
lieber ganz auf Rastmöglichkeiten verzichten. Als Faustregel: Der erste Teil der Einzelbank
oder Sitzgruppe sollte mindestens 2 m vom Fahrbahnrand entfernt sein (besser sind aber 3 m).
-
Möblierung zum Rasten - Ein Rastplatz ist immer mit Sitzgruppen
(=Tisch mit 2 Bänken mit Lehnen) auszustatten. Es sollte mindestens Platz für 6 Personen vorhanden sein
(dafür reicht in der Regel eine Sitzgruppe). Besser sind aber mehr Sitzmöglichkeiten,
denn es wird ja oft in Gruppen geradelt. Daher am besten mindestens Platz für
12 Personen im Freien vorsehen. In der Schutzhütte sollte es für schlechtes Wetter weitere
Sitzmöglichkeiten geben. Zusätzlich zur funktionalen Möblierung können natürlich "Wohlfühlmöbel" wie
zum Beispiel '''Sofabänke''' aufgestellt werden. Solche Wohlfühlmöblierungen finden sich z. B. Rothaarsteig.
Nett ist auch die Idee einer Holzhängematte, die auf dem Lagenberg bei Willingen steht (ebenfalls am Rothaarsteig).
-
Schutz vor Regen - Die ersten Schutzhütten entstanden als Unterstände für
Hirten vermutlich schon vor sehr langer Zeit [2]. Was die Hirten schon vor Jahrtausenden zu schätzen wussten,
ist natürlich auch heute noch aktuell, so zum Beispiel bei Rastplätzen an Radrouten. Bei der
Gestaltung der Schutzhütte können die Architekten sich richtig austoben. Wer keinen kreativen Planer
an der Hand hat, kann aber auch Produkte von der Stange erwerben. Falls wenig Platz oder auch Geld vorhanden
ist, können auch überdachte Sitzgruppen aufgestellt werden. Der Regenschutz ist zwar aufgrund der offenen
Bauweise nicht ganz so gut wie in einer geräumigen Schutzhütte (z. B. kein Platz für die Räder), aber auch ein
kleinerer Regenschutz ist besser als überhaupt nichts.
-
Information - Es bietet sich an, Informationstafeln aufzustellen, die über die
Route informieren (am besten mit Kartenausschnitt). Was gibt es als Nächstes zu sehen?
Wo kann ich im nächsten Ort übernachten? Wann kommt die nächste Einkehrmöglichkeit?
-
Fahrradparken - Zum sicheren Parken schwer bepackter Reiseräder sind Anlehnbügel ideal.
Diese werden von den Herstellern in vielfältigem Design in der Regel aus Stahl angeboten. Holz
als Material eignet sich ideal zum Eigenbau von Anlehnbügeln. Es sind so viele Fahrradparkplätze
vorzusehen, wie zumindest Bänke im Freien stehen. (bei 12 Sitzplätzen also zum Beispiel
6 Bügel für je zwei Räder).
-
Müllentsorgung - Die Mülleimer sollten unbedingt eine dicht schließende Klappe besitzen,
um einem Wespenproblem vorzubeugen [3]. Auch die Mülleimer nicht direkt neben die Bänke stellen
(was leider öfters praktiziert wird). Im Sommer entwickeln sich schnell unangenehme Gerüche und auch die
Wespen finden schnell den Weg vom Abfallkorb zum Essen. Deshalb einen Standort einige Meter von den
Sitzgruppen entfernt wählen. Größere Müllgefäße von zum Beispiel 130 l sind natürlich sinnvoll,
um die Leerungszyklen zu minimieren, und damit Kosten einzusparen [3]. Bei Rastplätzen an Wanderrouten wird oft bewusst auf Mülltonnen verzichtet, um der illegalen Müllentsorgung vorzubeugen und auch um Gedanken über umweltfreundliche Mehrwegverpackungen zu fördern. Ein weiterer Grund für diese Regelung ist sicher auch, dass die Leerung teilweise recht aufwändig ist, wenn die Rastplätze sehr abseits liegen. Dann findet man am Rastplatz in der Regel ein Schild mit der Bitte vor, doch den Müll wieder mit nach Hause zu nehmen. Im Prinzip auch kein Problem, denn die Verpflegung wurde ja auch mitgebracht. Es besteht dadurch natürlich die Gefahr, dass uneinsichtige Zeitgenossen dann einfach alles vor Ort entsorgen. Ob das passiert, hängt
sicher mit dem Publikum vor Ort zusammen. Welche Philosophie die Projektverantwortlichen
bei der Müllentsorgung anwenden, müssen sie selbst entscheiden. In der Regel findet man an
Rastplätzen entlang von Radrouten aber Müllbehältnisse vor.
-
Optional: praktische Zusatzelemente - Ein Fahrradschlauchautomat (ein Herstellerverweis siehe Liste unten) ist natürlich immer hilfreich.
Hier bekommt man gegen Münzeinwurf die gängigsten Schlauchgrößen. Zu finden ist ein solcher Automat beispielsweise
an einem Rastplatz am Maare-Mosel-Radweg in der Eifel [4]. Auch Prospektständer mit touristischen Faltblättern zum Mitnehmen können aufgestellt werden (ebenfalls am Maare-Mosel-Radweg zu finden [4]). Ein ganz hervorragender Service ist natürlich ein Trinkbrunnen bzw. eine "Trinkwasserzapfstelle" [4].
Die frei zugänglichen Brunnen mit Trinkwasser sind öfters in der Nähe von Wasserwerken zu finden. Dies
wird an den meisten Punkten an Radrouten außerorts wohl leider nicht zu realisieren sein, da keine Leitung vorhanden ist.
Sofern ein kühler Bach in Reichweite ist: Bau eines Kneipp- bzw. Wassertretbeckens (am bestem kombiniert
für Füße und Arme). Das verschafft nicht nur Abkühlung an heißen Sommertagen, sondern fördert auch noch die
Gesundheit.
-
Optional: Erlebniselemente - Mit Erlebniselementen können Rastplätze noch attraktiver gestaltet werden.
Die Möglichkeiten hierfür sind vielfältig. Von kleinen Elementen wie zum Beispiel vom Insektenhotel (siehe Bild rechts)
für die angrenzende Wildblumenwiese über ein Wassertretbecken (falls ein kalter Bach vorhanden ist) bis hin zu einem kleinen Kinderspielplatz ist vieles möglich. Ein Klassiker ist mittlerweile schon das Thema "Kunst am Radweg". Kurios, aber durchaus praktisch ist in Auenbereichen
zum Beispiel eine "Schnakenbank" (siehe Bild rechts). Falls der Rastplatz
an einem See entstehen soll, an dem viele Vögel rasten, ist natürlich auch eine Vogelbeobachtungskanzel eine
schöne Zugabe.
Literatur
Neben dem eigenen Wissen und Material wurde auf folgende
Literatur im Netz zurückgegriffen:
Gestaltungsbeispiele von Rastplätzen, Schutzhütten, Sitzgruppen und Zusatzelementen
Ein einladender, künstlerisch gestalteter
Rastplatz am Flämingskate (Bild: 04-2004).
Nicht nur an Wanderrouten, sondern gerade auch an Radrouten nach längerer Zeit im Sattel macht sich solch eine Holzhängematte gut. Diese Hängematte gehört zur Möblierung des Rothaarsteigs und steht auf dem Langenberg
bei Willingen. (Bild: 01-2015).
Lage via Openstreetmap
|
Vorbildlich: die neue Schutzhütte an der Großen Grube bei Willingen ist mit Blitzschutz ausgestattet. Das ist auch sehr sinnvoll, denn die Hütte steht in Kammlage. Hier zwars etwas unter Bäumen, aber Bäume alleine helfen beim Blitzschutz auch nicht groß weiter... (Bild: 01-2015).
|
Leider ein Negativbeispiel:
Der trostlose Rastplatz am Rheinradweg bei Trechtlingshausen Ende März 2004: Lädt zumindest mich nicht zur Pause ein. Daran kann auch die schön restaurierte
Clemenskapelle im Hintergrund nur wenig ändern.
|
Potenzielle Unfallgefahr durch eine Bank, die viel zu nah am Weg steht: Bis zur rechten
Fahrspur vor der Bank sind es gerade einmal etwa 0,8 m. Klar, der Weg ist breit und gut einsehbar,
aber trotzdem birgt ein solcher Bankstandort potenzielle Unfallgefahren, die sich ganz einfach
vermeiden lassen. Einfach auf solche Bankstandorte verzichten und statt dessen richtige Rastplätze einrichten. Zudem pausiert es sich schon "fast halb" auf dem Weg überhaupt nicht entspannt. Bild: gesehen im Juli 2011 am Bahnradweg nördlich Hofgeismar-Hümme in Nordhessen.
|
Rastplatz am Werratal-Radweg nordöstlich von Creuzburg. Die geräumige Sitzgruppe mit Dach dürfte Platz für mindestens 16 Personen bieten. Die Infotafel erläutert den unter Naturschutz stehenden Werradurchbruch, in dem dieser Rastplatz zu finden ist. Vergessen wurden leider Anlehnbügel für die Fahrräder. Ob das Anlehnen der Räder vom Boden her am Holzgeländer möglich ist, wurde im März 2006 nicht getestet.
|
Funktionale Schutzhütte am Werra-Radweg bei Witzenhausen.
Rechts liegt die Sitzgruppe und links an der Wand können die Räder angelehnt werden, damit diese auch trocken bleiben (Bild: 06-2008).
|
Am Kegelspielradweg in der Rhön ist der Name Programm: Es wurde
die passende Schutzhütte in Kegelform errichtet (Bild: 06-2007).
|
Am nordhessischen Kleinbahnradweg Grifte-Gudensberg findet sich dieser nette Rastplatz mit Kneippbecken (Bild: 10-2010).
Ungefähre Lage des Rastplatzes in
Openstreetmap.
|
Beispiel für eine Sofbank: Das Kasselsofa: - Wohl das Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel hat laut "Typenschild" eine eigene Liegebank entwurfen, die meiner Meinung nach von der Verarbeitung her den Vergleich mit Angeboten "von der Stande" nicht zu scheuen braucht. Ganz im Gegenteil: Die Bank ist sehr massiv verarbeitet. Auf dem Bankprofil - bestehend aus zwei schweren dauerhaften Stahlplatten - wurde eine hochwertige Holzliege aufgeschraubt. Die Bank bietet Platz für 2 Personen. Beim Bankprofil besteht aber evtl. noch etwas Optimierungsbedarf. Hier war ich bei einem Banktest im Juni 2014 mit Gerhard Peter vom ADFC Kassel einer Meinung: Die "Sitzkuhle" ist etwas zu ausgeprägt ausgefallen (zu tief) und die Füße bzw. Unterschenkel hängen etwas zu sehr in der Luft. Das Bankprofil ist aber sicher auch eine persönliche Geschmacksfrage. Aber unabhängig davon ist eine solche wohl selbst entworfene(?) und hergestellte(?) Sofabank eine sehr gelungene Parkmöblierung, die man in dieser Form lange nicht in jeder Stadt findet! Lage der Sofabank in
Openstreetmap (Bild: 07-2014).
Auf einer Wanderung ab dem Ettelsberg bei Willlingen konnte eine andere Sofabank getestet werden, die zur Möblierung des Rothaarsteigs gehört. Sie ist am Rastplatz "Am Streit" hier am Rothaarsteig zu finden. Diese Bank hatte mich schon 2009 begeistert. Durch die lange Rückenlehne und tiefe Sitzfläche besitzt die Bank, wie das Kasselsofa ebenfalls, eine Kopf- und Beinstütze. Natürlich ist solch eine Möblierung an Rad- oder Wanderrouten schon Luxus. Aber gerade durch diese Extras kann man seine Route aus der Masse des Angebotes hervorheben. Für solche Wohlfühlbänke finden sich sicherlich auch Sponsoren, wie dies bei anderen Bänken ja auch oft möglich ist. Am Rothaarsteig wird dies übrigens schon so praktiziert.
|
Kurios aber praktisch: "Mückenbank" am Hofgut Guntershausen
auf dem Kühkopf am Oberrhein. Das Kunstwerk mit praktischem Nutzen entstand im Jahr 2000 auf dem
Bildhauersymposium mit dem Thema "Am Strom der Zeit" zum 1150-jährigen Jubiläum von Stockstadt.
2004 war die Bank durch die leichte Holzlattenbauweise schon etwas "undicht" geworden.
Beim Testsitzen fanden sich schon ein paar Insekten im Käfig. Nett gemeint sind sicherlich auch
die beiden Fahrradständer (leider als Felgenklemmer ausgeführt und damit wenig hilfreich).
Fazit: Die Bank ist eine schöne Idee, die in stabilerer
Ausführung mit Metallrahmen sicher auch gut funktionieren würde. Vielleicht entwickelt der Künstler oder jemand anders
diese Idee mal weiter (Bild: 04-2004). Lage der Bank in
Openstreetmap (Falls die Bank noch steht. Ich war seit 2004 nicht mehr vor Ort).
|
Insektenhotel: In den verschiedenen Materialien finden Insekten
passende Wohnungen und der Besucher kann die Bewohner beim Kommen und Gehen beobachten (Bild: 04-2004).
|
Wattenheimer Brücke an der Weschnitz bei Lorsch im hessischen Ried: Mit der Weschnitzrenaturierung
entstand dieser schöne, großzügige Rastplatz auf einem Erdhügel (leider ohne Regenschutz). Vom Hügel kann man
auf den renaturierten Flussabschnitt schauen. Extras: Tafeln informieren über die
Weschnitzrenaturierung und eine Zeitschiene im Boden erläutert die lokale Erdgeschichte (Bild 04-20009).
Lage in
Openstreetmap
|
Informationstafel mit Reetdach: Diese regional passende Infotafel steht im Bereich der Grünenthaler Hochbrücke am Nord-Ostsee-Kanal. Mit regional typischen Bauweisen können nicht nur Infotafeln, sondern auch Schützhütten optimal an den Baustil der Umgebung angepasst werden. Im rheinischen Schiefergebirge könnte man die Hütten zum Beispiel mit Schiefer decken, im Schwarzwald oder im Alpenraum hingegen mit Holzschindeln (Bild 08-2003).
|
|